Christen wollen am "gemeinsamen Haus Europa" mitbauen
Gemeinsames Hirtenwort der Bischöfe der Teilnehmerländer des Mitteleuropäischen Katholikentags wurde zu Pfingsten in allen Gottesdiensten verlesen - Das "Miteinander" von Mariazell fortsetzen (Kathpress, 31.5.04)
Die Christen wollen am "gemeinsamen Haus Europa" mitbauen, das Evangelium ist dabei ihr Maßstab. Dies betonen die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen der acht Katholikentags-Länder in einem gemeinsamen Hirtenwort, das zu Pfingsten bei allen Gottesdiensten von der Adria bis zur Ostsee verlesen wurde. Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn, verlas das Hirtenwort beim Pfingsthochamt im Wiener Stephansdom.
Ein neues Europa könne nicht "ohne oder gegen die Christen, nicht ohne oder gegen Christus" gebaut werden, heißt es in dem Hirtenwort ausdrücklich. Die Bischöfe verweisen auf das "Miteinander", das durch den Mitteleuropäischen Katholikentag sichtbar geworden sei. Dadurch sei die Solidarität der Zivilgesellschaft in den Katholikentags-Ländern gestärkt worden. Nach der "Wallfahrt der Völker" in Mariazell dürfe dieses Miteinander aber nicht wieder schrumpfen. Der begonnene Weg müsse weitergegangen werden.
"Wir kennen die Probleme und Gefährdungen des heutigen Europa. Wir wissen aber auch um die Chancen für ein wachsendes friedliches Miteinander auf unserem Kontinent inmitten der Menschheit", heißt es in dem Hirtenwort. Die Bischöfe appellieren an die Christen: "Geht mit, denkt mit, redet mit, arbeitet mit, sucht Allianzen mit allen Menschen guten Willens!"
Die christliche Sorge gelte "allen Menschen mit ihren Freuden und Leiden, mit ihren Hoffnungen und Ängsten". Sie seien trotz aller Unterschiede und Gegensätze "unsere Brüder und Schwestern, weil Gott
für uns alle Vater ist". Die tiefste Quelle der Mitmenschlichkeit sei Jesus Christus, betonen die Bischöfe. Unzählige Menschen hätten seit 2.000 Jahren im Glauben an ihn das Haus Europa mitgebaut und mitgestaltet.
Die Christen seien aber nicht nur "Erben der Heiligen", sondern auch "Erben der Sünder, die das Antlitz Christi und der Kirche oft verdunkelt haben", heißt es in dem Hirtenbrief. Daher müssten auch die Schatten in der Geschichte der Kirche in Erinnerung gerufen und die Vergangenheit aufgearbeitet werden: "So helfen wir in unseren Völkern und Staaten, uns dem Dunklen in der eigenen Geschichte und der gemeinsamen Geschichte Europas zu stellen und Wege der Versöhnung zu gehen. Dies ist eine Voraussetzung für eine friedlichere Zukunft Europas".
Für den Weg in die Zukunft formulieren die mitteleuropäischen Bischöfe ein Sieben-Punkte-Programm. Viele Menschen in Europa würden Christus "nur oberflächlich oder gar nicht" kennen. "Wir sind berufen, ihnen Christus zu zeigen", heißt es in der Botschaft. Dazu brauche es die konsequente Einübung des Eintauchens in die Heilige Schrift, in das Gebet und in die Feier der Liturgie. Die sei in den vergangenen Jahren "leider oft versäumt worden". Wer Christus wirklich gefunden habe, den werde es drängen, die Freude darüber "mit möglichst vielen anderen Menschen zu teilen".
Glaubenswissen vertiefen
An die Pfarrgemeinden und Gemeinschaften appellieren die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen, noch mehr "Schulen des Gebetes" zu werden. "Heiligkeit und Schönheit als Teilhabe am Glanz Gottes" müssten die Liturgie wieder stärker prägen. Europa werde nur gesegnet sein, wenn es viele Menschen gibt, die miteinander und auch einzeln beten.
Auch das Glaubenswissen sollte vermehrt und vertieft werden. Inmitten einer Bildungsgesellschaft sei es notwendig, dass die Gläubigen die "großartige Gesamtgestalt" des Christentums gut kennen, damit sie in der Begegnung mit anderen Religionen und Lebensmodellen ernst genommen werden und bestehen können. Der "Katechismus der Katholischen Kirche" sei dabei eine wichtige Hilfe.
Weiter werden die Gläubigen auch aufgerufen, "Zeichen" zu setzen. Täglich begegneten die Menschen in Europa einer Flut von Worten und Bildern, nur weniges davon rede "für Gott und die Kirche". Umso mehr sollten die Christen das Kreuz in der Wohnung und im Arbeitsbereich, das Tischgebet und das Gespräch über religiöse Themen nicht verstecken. Das Christentum sei im Ganzen eine "Großmacht weltweiter Barmherzigkeit" und verdiene daher den Respekt und auch die Dankbarkeit der Zivilgesellschaft.
Ausdrücklich rufen die Bischöfe die Gläubigen dazu auf, die Sonntagskultur zu bewahren und Allianzen gegen die Aushöhlung des Sonntags zu suchen und mitzutragen. "Der möglichst arbeitsfreie Sonntag als gemeinsamer Tag größerer Ruhe ist ein hohes Gut, dessen Preisgabe der ganzen Gesellschaft schweren Schaden zufügen würde", warnen sie. Den Christen sei der Sonntag heilig. Er sei ein Tag des
Feierns vor Gott und mit Gott, ein Tag des Dankes für Schöpfung und Erlösung und ein Tag der Familie.
Leben in allen Phasen schützen
Die Gläubigen werden auch an die Pflicht gemahnt, das Leben zu schützen: Entschiedene Christen seien Freunde des menschlichen Lebens "in allen seinen Dimensionen". Sie seien Freunde des geborenen und des noch nicht geborenen Lebens ebenso wie des entfalteten und des behinderten Lebens.
Das Leben sei heute besonders an seinem Anfang und seinem Ende bedroht, heißt es in dem gemeinsamen Hirtenwort: "Wir werden daher unsere Kraft von Hirn, Herz und Hand einsetzen, um Menschen und ihre Umwelt zu schützen und zu entfalten". Besondere Sorge gelte den Ehen
und Familien, die "unentbehrliche Bausteine der Gesellschaft und der Kirche" seien. Die geringe Zahl der Kinder sei eines der größten Probleme Europas, unterstreichen die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen: "Wir halten am Ideal stabiler Ehen und Familien unbeirrt fest und tragen am Geschick jener Menschen helfend mit, denen stabile Beziehungen zerbrochen sind".
Abschließend wird die Verpflichtung zur Solidarität innerhalb Europas und weltweit besonders betont. Dieser Weg der Solidarität gelte dem europäischen Kontinent, der ökumenischen Christenheit und der ganzen Menschheit. Die "Wallfahrt der Völker" in Mariazell bleibe "ein wichtiges Stück dieses Weges. Die Erinnerung an das ehrwürdige Gnadenbild von Mariazell soll uns begleiten".
Das Hirtenwort trägt die Unterschrift der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen von Bosnien-Hercegovina, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Österreich, der Slowakei, Tschechien und Polen.
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