Katholischer Laienrat

 

Christliche Lebensethik

Den drängenden Fragen des Lebensschutzes und der Lebensethik, vor allem am Beginn und am Ende des menschlichen Lebens, war das Symposion in Preßburg gewidmet: von pränataler Diagnostik, Klonen und Stammzellenforschung über Fragen des Umweltschutzes bis zur Palliativmedizin und der Euthanasie. (Kathpress, 6.10.03]

Bildungsministerin Elisabeth Gehrer hat bei einem Symposion des Mitteleuropäischen Katholikentags in der slowakischen Hauptstadt Preßburg (Bratislava) ihre ablehnende Haltung zur "verbrauchenden" Embryonenforschung erneuert. Für den Beschluss der EU-Forschungsminister am 27. November habe die Position der Kirche in dieser Diskussion eine "wichtige Rolle". "Ich werde interessiert auf die Meinung der Kirche schauen", so Gehrer.

In einer "Erklärung von Preßburg" haben namhafte Kirchenvertreter wie Kurienkardinal Alfonso Lopez Trujillo, Erzbischof Carlo Caffarra (Ferrara), Diözesanbischof Klaus Küng (Feldkirch), Prof. Xavier Lacroix (Lyon), Prof. Günter Virt (Wien), Prof. Andrzej Szostek (Lublin) klare gesetzliche Schranken gegen sämtliche Formen einer mit der Tötung von Embryonen verbundenen Forschung gefordert. Die Erklärung wurde zum Abschluss des Symposions verabschiedet, das unter dem Generalthema "Lebensethik aus christlicher Sicht" stand.

Die Europäische Kommission möchte im November auf Druck insbesondere Großbritanniens, aber gegen den Widerstand Österreichs, Deutschlands und Italiens eine Entscheidung zur Förderung der "verbrauchenden" Embryonenforschung erreichen. Tatsächlich habe sich der gegenwärtige "Dammbruch" in der EU bereits 1984 abgezeichnet, nämlich in Form des "Warnock-Reports" mit seinen "Empfehlungen" an die britische Regierung, so der Tenor der Teilnehmer in Preßburg.

Die "Warnock"-Empfehlungen hatten vorgeschlagen, dass Embryonen bis zum Alter von 14 Tagen für die Forschung verwendet und auch verkauft werden können. 1986 wurde deklariert, dass ein- bis 14-tägige Embryonen ohnehin keine eigentlichen Embryonen, sondern bloße "Prä-Embryonen" seien. Diese Definition sei allerdings eine folgenschwere "Erfindung" ohne jegliches Fundament gewesen, hieß es in Preßburg. Mittlerweile könnten Embryonen in einigen Ländern gekauft und verkauft werden. "Eine moderne Form des Sklavenhandels ist entstanden", so der kroatische Bioethiker P. Valentin Pozaic SJ.

EU-Parlamentarier Peter Liese plädierte angesichts der reellen Gefahr einer Totalfreigabe der Embryonenforschung für eine "Wahl des kleineren Übels", nämlich die Freigabe der Mittel für Forschung an tiefgefrorenen Embryonen bis zu einem Erzeugungsstichtag. "Familien-Bischof" Klaus Küng widersprach Liese allerdings. "Der Kompromiss wird nicht halten. Die Labors werden mehr und 'jüngere' Embryonen verlangen", warnte der Bischof. Er forderte auch eine "energische Gegenwehr" gegen die Versuche zur Legalisierung der Euthanasie. Notwendig sei eine europaweite Bewusstseinsarbeit in Sachen Bioethik und die Bildung von Allianzen.

Der Wiener Moraltheologe Prof. Günter Virt warnte vor einem utilitaristischem Menschenbild, wie es in den angelsächsischen Ländern verbreitet sei. Es gebe in diesem Bild keine Menschenrechte für alle. Dennoch müsse die Kirche auch mit den Vertretern anderer Menschenbilder den Dialog führen. Es müsse kirchlicherseits auf Forschungsergebnissen basierende Zwischenschritte der Argumentation geben, "damit wir überhaupt gehört werden".

Der Salzburger Weihbischof Andreas Laun betonte, das falsche Menschenbild der westlichen Gesellschaft habe furchtbare Folgen. Mittlerweile habe sich "eine 'Kultur des Todes' in einer kapitalistischen Form" ausgebreitet.

Weitere Themen des Katholikentags-Symposions waren Probleme der Reproduktionsmedizin, Umweltschutz, der Umgang mit alten Menschen, Palliativmedizin und Euthanasie. Kardinal Lopez Trujillo, der Präsident des Päpstlichen Familien-Rates appellierte zur Wachsamkeit gegenüber "Begriffsverwirrungen". Sie würden von einigen gezielt herbeigeführt; ja man könne tatsächlich von einem "Komplott gegen die Familie und das Leben" sprechen. Die uminterpretierten Begriffe würden von vielen naiv weitergegeben, wobei der Kardinal an das Beispiel "Familie" erinnerte.

Prof. Lacroix sah das Problem in einem rein naturwissenschaftlich-biologistischen Verständnis von "Leben" und von "Lebensbeginn". Was im Moment der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle passiere, gehe hingegen weit über das Biologische hinaus. Es ereigne sich etwas den Geist Betreffendes - "die Übernahme des 'genetischen Erbes', das sehr wohl auch den menschlichen Geist
einschließt".

Prof. Andrzej Szostek - ein Schüler Karol Wojtylas in dessen Lubliner Zeit - plädierte für eine "relecture" von "Humanae vitae", der "am meisten kritisierten Enzyklika der Geschichte". Was Papst Paul VI. in dieser Enzyklika vertrete - und nach ihm Johannes Paul II. - sei aber eine Vision der "Größe des Menschen". Die Ehe werde als "Partizipation an der Liebe Gottes" gesehen; die Bedachtnahme auf den Fruchtbarkeitszyklus der Frau werde als Achtung vor der "Intention des Schöpfers" verstanden. Es gehe aber auch in dieser Enzyklika nicht um das "Perfekt sein", sondern um das "Sich-Bemühen".

Der Generalsekretär des Wiener katholischen Bioethik-Instituts "Imabe", Enrique Prat de la Riba, warnte vor einem "Außer-Diskussion-Stellen" der In-vitro-Fertilisation (IVF). Gerade sei der 25. Geburtstag des ersten In-vitro-erzeugten Menschen groß begangen worden. Außer Acht gelassen worden sei, dass dieses einstige "Retortenbaby" - und nach ihm Hunderttausende - mit einer tiefen Verletzung seiner Würde fertig werden müsse, weil seine Entstehung mit Selektion, mit Manipulation und mit "Arbeit von Technikern" verbunden ist. Außer Acht gelassen werde aber besonders auch, dass im Zusammenhang mit der IVF das Problem der Tausenden "überzähligen" Embryonen aufgetreten sei, so Prat de la Riba.

Im Vorfeld der hochkarätig besetzten Veranstaltung im Preßburger "Suza"-Konferenzzentrum fand auch ein internationales Parlamentarier-Hearing mit Abgeordneten aus den Ländern Mitteleuropas sowie Abgeordneten zum Europäischen Parlament statt. Das Thema lautete "Die Familie von heute, die Bioethik und die Verantwortung von Vertretern der gesetzgebenden Organe". Veranstaltet wurde das Hearing von der Slowakischen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit dem Päpstlichen Familien-Rat und der Theologischen Fakultät der Universität Trnava (Tyrnau).

Diskutiert wurde vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung um die Abtreibung in der Slowakei. Nach einem Entwurf für eine Novelle des bestehenden Gesetzes wäre ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 24. Woche gestattet, falls der Embryo genetische Schäden aufweist. Bisher ist eine Abtreibung in der Slowakei bis zur 12. Woche straffrei. Die zerstrittenen Regierungsparteien hatten angesichts des Papstbesuchs im September entschieden, die Abstimmung über die Gesetzesnovelle zu verschieben

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